Seit Juli 2018 bekommen auch langzeitarbeitslose Frauen Notstand, obwohl der Partner gut verdient.
Seit Juli 2018 bekommen auch langzeitarbeitslose Frauen Notstand, obwohl der Partner gut verdient. © contrastwerkstatt/adobe.stock.com, AK Stmk

Eigenständiger Anspruch auf Notstandshilfe

Seit 1. Juli 2018 haben auch jene langzeitarbeitslosen Frauen Anspruch auf Notstandshilfe, deren Partner gut verdient – und sind damit eigenständig finanziell abgesichert. Ein Stück Gerechtigkeit für Menschen in einer schwierigen Lebensphase.

Jahrzehntelang war die Bürokauffrau Karin G. berufstätig gewesen und hatte Monat für Monat ihren Arbeitslosenversicherungsbeitrag bezahlt, bevor sie im Juli 2017 ihren Job verloren hat. 52 Wochen Arbeitslosengeld standen ihr danach zu, weil sie bereits über 50 Jahre alt ist und in den vergangenen 15 Jahren mehr als neun Jahre vollversichert erwerbstätig gewesen war. Doch auch in der Zeit des Arbeitslosengeld-Bezugs ist es ihr nicht gelungen, eine neue Stelle zu finden. Nach altem Recht stünde sie nun ganz ohne eigenes Geld da, weil ihr Mann als leitender Angestellter gut verdient. Andere Betroffene konnten früher aufgrund des hohen Partnereinkommens nur eine verminderte Notstandshilfe beziehen. Doch noch die alte Regierung hat beschlossen, den Verdienst des Partners ab 1. Juli 2018 bei der Berechnung des Anspruchs auf Notstandshilfe beiseite zu lassen.

Frauen profitieren

Davon profitieren Tausende Menschen: Eine Sonderauswertung des AMS für die Agenda Austria zeigt, dass mehr als 5.900 Betroffene nun doch Notstandshilfe beziehen können; mehr als 17.000 erhalten sie neuerdings in voller Höhe. In den meisten Fällen betrifft die Änderung Frauen. "Durch die Neuregelung wurde ein Stück Gerechtigkeit geschaffen, denn die Betroffenen haben schließlich ihre Arbeitslosenversicherungsbeiträge einbezahlt wie alle anderen unselbständig Erwerbstätigen auch", betont AK-Gleichstellungsreferentin Bernadette Pöcheim. "In jenen Fällen, in denen früher das hohe Partnereinkommen den Anspruch auf Notstandshilfe verhindert hat, war zwar das Haushaltseinkommen ausreichend. Trotzdem war die Situation für die Betroffenen prekär, denn die Erfahrung zeigt, wie schnell gerade Frauen in Abhängigkeitsverhältnisse geraten, wenn sie über kein oder zu wenig eigenes Geld mehr verfügen. Daher hat die Arbeiterkammer über Jahre hinweg die nun erfolgte Neuregelung gefordert."

Wenig Grund für Jubel

Ein Anspruch auf Notstandshilfe entsteht nach Ende des Anspruchs auf Arbeitslosengeld; die Notstandshilfe muss allerdings gesondert beim AMS beantragt werden. Voraussetzung für den Bezug sind neben Arbeitslosigkeit und finanzieller Notlage die Arbeitswilligkeit und Arbeitsfähigkeit.  Auf Betreuungspflichten wird Rücksicht genommen, allerdings fällt der Berufsschutz. Es müssen also auch Jobs in anderen Branchen angenommen werden.

Grund für ausgelassenen Jubel besteht trotz positiver Auswirkung der Neuregelung nicht: Die amtierende Regierung plant für die Zukunft, die Notstandshilfe gänzlich abzuschaffen und Menschen in Phasen länger andauernder Arbeitslosigkeit zu Mindestsicherungsbeziehenden zu degradieren.

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