Einem Zusteller wurden zu Unrecht Minusstunden abgezogen. Der Oberste Gerichtshof entschied zu seinen Gunsten.
Einem Zusteller wurden zu Unrecht Minusstunden abgezogen. Der Oberste Gerichtshof entschied zu seinen Gunsten. © Philipimage - stock.adobe.com, AK Stmk
20.5.2024

OGH-Urteil unterstützt Zusteller

Ohne dass seine Arbeitsleistung beanstandet wurde und ein Fehlverhalten vorlag, wurden einem Zusteller bei Beendigung seines Dienstverhältnisses knapp 1.200 Euro in Abzug gebracht. Er setzte sich aber mit Hilfe der AK zur Wehr und erhielt die zu Unrecht abgezogenen Minusstunden ausbezahlt.

Der 31-jährige Murtaler war zweieinhalb Jahre bei einem großen österreichischen Logistikunternehmen beschäftigt. Für Zusteller bei diesem Logistikunternehmen gilt eine Betriebsvereinbarung über Gleitzeit/Arbeitszeitdurch­rechnung. Da der Murtaler die aufgetragenen Arbeiten immer sehr schnell erledigt hatte, baute er mit der Zeit auch ein entsprechendes Zeitminus auf. Im Zuge der einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses wurden ihm diese Zeitschulden von insgesamt 120 Stunden in Abzug gebracht. Mit Hilfe der AK Steiermark erhob der Zusteller Klage gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber in Höhe von knapp 1.200 Euro. Das Landesgericht Leoben als Arbeits- und Sozialgericht gab der Klage der AK statt. AK-Arbeitsrechtsexperte Jörg Obergruber: "Das Erstgericht hat zutreffend rechtlich beurteilt, dass die mangelnde Auslastung des Zustellers der Sphäre des Arbeitgebers zuzurechnen ist und der Kläger daher auch nicht verpflichtet gewesen wäre, langsamer zuzustellen." Anzumerken ist, dass der 31-Jährige nie aufgefordert wurde, länger zu arbeiten, um die Arbeitszeit an der Zustellbasis abzusitzen.

Entscheidung betrifft etliche Beschäftigte

Das Logistikunternehmen ging in Berufung, da dieses Urteil etliche Beschäftigte des Unternehmens betrifft. Das Oberlandesgericht (OLG) Graz vertrat ebenfalls die Rechtsansicht, dass die Minusstunden ohne Verschulden des Zustellers zustande kamen und er nach Ende des Zustellens nach Hause gehen musste, weil es für ihn keine andere Arbeit gab. Schlussendlich wurde noch der Oberste Gerichtshof (OGH) erstmals mit der Rechtsfrage des Abzugs von Gleitzeitschulden bei Beendigung der Beschäftigung im Zusammenhang mit einer Betriebsvereinbarung befasst. Und auch der OGH hielt fest: Wenn die Arbeit für einen Tag vor dem Ende der vereinbarten Arbeitszeit erledigt ist, ist ein Abzug des Zeitminus nicht möglich und die Vereinbarung, wonach man dennoch einen Abzug vornehmen kann (z. B. im Rahmen der Gleitzeitbetriebsvereinbarung), sittenwidrig.

Endabrechnung bei AK überprüfen lassen

"Diese Entscheidung zeigt", so Jurist Obergruber, "wie wichtig es ist, dass Arbeitnehmer ihre Endabrechnung bei der AK überprüfen lassen." Grundsätzlich haben sich Beschäftigte arbeitsbereit und arbeitswillig zu erklären, denn es handelt sich um eine bezahlte Dienstfreistellung, wenn man vom Chef nach Hause geschickt wird. Sie müssen voll bezahlt werden, als hätten sie normal gearbeitet. Es dürfen keine Minusstunden geschrieben werden und die ausgefallene Arbeitszeit muss auch nicht eingearbeitet werden.

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