Keine Überstunden ausbezahlt: 9.000 Euro für Lkw-Fahrer
Eineinhalb Jahre war ein LKW-Fahrer für eine Transportfirma auch nachts unterwegs. Die Überstunden samt Zuschläge bekam er vorerst aber nicht.
"Nachdem ich es leider selbst erfahren musste und es von vielen ehemaligen Kolleginnen aus dem Einzelhandel immer wieder höre, wende ich mich an Sie", beginnt das Gespräch mit Sabine H. (Name geändert; der Redaktion bekannt). Die 39-Jährige war acht Jahre bei einem Lebensmitteldiscounter beschäftigt. "Teilzeit mit 21 Stunden, damit ich Zeit für meine Familie habe." Doch die verlangte Flexibilität machte das fast unmöglich. Der Dienstplan wurde freitags für die kommende Woche erstellt – "zwei von drei Diensten wurden dann nicht eingehalten". Sabine H. liefert Beispiele.
Ihre Plan-Dienstzeit war von 6.30 bis 13 Uhr eingetragen. Sie fing pünktlich an und zwei Stunden später hieß es dann, es seien zu wenige Kunden im Geschäft, um das Weiterarbeiten aller anwesenden Kolleginnen zu rechtfertigen. "Das lag einerseits am persönlichen Empfinden der Filialleitung, andererseits an den Arbeitsstunden versus der Umsatzberechnung", meint H. So passierte es laut der Teilzeitkraft laufend, dass sie beispielsweise drei Stunden anwesend war, dann eine Pause einlegen musste, „um die Kundenfrequenz zu beobachten“ und danach gezwungen war, die Arbeitsstelle zu verlassen. "Das Ganze hieß freundlich umschrieben 'Minusstunden aufbauen für umsatzstärkere Zeiten' ", schildert H.
Dieselbe Situation gab es auch für den darauffolgenden Dienst: Die Plan-Dienstzeit wurde mit 13 bis 20.30 Uhr festgelegt. Gegen 13 Uhr sei sie angerufen worden, dass sie erst um 14 Uhr starten darf. Um 13 Uhr wurde sie informiert, dass sie erst um 16 Uhr kommen brauche, und um 15 Uhr hieß es schließlich: "Es geht sich ohne deine Anwesenheit aus." Umgekehrt wurde sie in ihrer Freizeit am Privathandy angerufen und in die Firma beordert, wenn jemand ausfiel. H.: "Das war ständig gelebter Alltag."
Sabine H.
"Wurde ein Krankenstand gemeldet, bekam man zu hören, man hätte gefälligst krank zu sein, wenn man frei hat."Sie versuchte, die Situation zu klären, und informierte sich vor einem Gespräch mit ihrer Regionalleiterin bei der AK. Sie erfuhr, dass die Vorgehensweise der Filialleitung nicht mit dem Arbeitszeitgesetz vereinbar ist. „Das Risiko, ob genügend Kunden kommen, hat der Unternehmer zu tragen“, bestätigt AK-Jurist Karl Schneeberger. "Mein Interventionsversuch wurde mit ungünstigeren Diensten und noch mehr Flexibilität 'belohnt'." Zudem wurde der 39-Jährigen erklärt, dass in Zukunft sowieso noch mehr Flexibilität erwartet wird. Das war der Punkt für H., an dem sie dachte: "Moment, so nicht." Sie wechselte ihren Arbeitsplatz – "weg vom Handel". Schneeberger: "Die Beispiele zeigen, dass die derzeitigen Schutzbestimmungen unzureichend sind und die Sicherstellung einer planbaren Arbeitszeit künftig auch durch die Behörde zu überprüfen wäre."
AK-Jurist Karl Schneeberger zur Rechtslage:
Das Ausmaß und die Verteilung der Normalarbeitszeit sind zwischen den Beschäftigten und der Firmenleitung zu vereinbaren, sagt AK-Jurist Karl Schneeberger. Das gelte auch für die monatlich im Voraus zu erstellenden Dienstpläne: "Diese Einteilung kann nicht durch eine Weisung des Chefs festgesetzt werden." Beschäftigte können ihre Wünsche nach anderen Arbeitszeiten vorbringen.
Abweichung 14 Tage vorher
Unter gesetzlich sehr eng gesteckten Grenzen kann der Dienstplan auch einseitig von der Geschäftsleitung geändert werden, sagt der Jurist, das aber zumindest 14 Tage im Voraus: "Nur in extremen Ausnahmesituationen darf diese Frist unterschritten werden." Dazu zählt grundsätzlich nicht, dass eine Kollegin krank geworden ist, jemand eine Schulung besucht oder Urlaubszeit ist. Für diese üblichen Ausfallszeiten sind vom Dienstgeber personelle Vorsorgen zu treffen. Eine Grippewelle, die viele Beschäftigte gleichzeitig erwischt, sei eine denkbare Extremsituation, die kurzfristige Dienstplanänderungen rechtfertige.
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