Quarantäne-Aus bringt arbeitsrechtliches Neuland
„Arbeitsrechtlich betritt man auf vielen Ebenen absolutes Neuland und verlagert die Rechtsauslegung in die Betriebe!“, kritisiert Philipp Brokes.
Menschen sind keine Maschinen. Wir funktionieren nicht im Dauerbetrieb. Wenn Sie plötzlich zu gähnen beginnen, Ihre Konzentration nachlässt oder sich der Hunger meldet, allerspätestens dann ist Zeit für eine Pause – auch und gerade am Arbeitsplatz. Erfahren Sie hier, wie viel Pausenzeit Ihnen zusteht und warum es so wichtig ist, Pausen zu machen.
Im Interesse der Arbeitnehmer:innen oder wenn es betrieblich notwendig ist, kann es an Stelle der halbstündigen Pause auch 2 Pausen von je 15 Minuten oder 3 Pausen von je 10 Minuten geben. Gibt es einen Betriebsrat, ist diese Teilung nur mit dessen Zustimmung möglich.
Laut Gesetz wird nur die Arbeitszeit bezahlt, nicht die Pause. Betriebsräte können aber manchmal bessere Regelungen durchsetzen. Es gibt aber ein paar Ausnahmen. Beispielsweise sind bei durchlaufender mehrschichtiger Arbeitsweise an Stelle der halbstündigen Pause angemessene Kurzpausen möglich. Diese zählen aber zur Arbeitszeit.
Weiters gibt es:
Manchmal ordnet das Arbeitsinspektorat zusätzliche Pausen an: aus gesundheitlichen Gründen oder weil die Arbeit besonders schwer ist, etwa am Fließband. In diesen Fälle müssen Arbeitgeber:innen die Pausen bezahlen.
Schwangere Frauen dürfen zwischendurch ausruhen und sich sogar hinlegen, wenn nötig. Arbeitgeber:innen müssen dafür eine Liege oder ein Bett dafür zur Verfügung stellen. Mehr Infos, wie Schwangere am Arbeitsplatz geschützt sind, finden Sie unter diesem Link.
Auch für stillende Mütter gibt es bezahlte Pause. Mehr Info dazu finden Sie unter diesem Link.
Bildschirmarbeit beansprucht die Augen. Daher gilt:
Wichtig beim Tätigkeitswechsel …
Was gilt nicht als Tätigkeitswechsel oder Bildschirmpause?
Sie haben Pause, sollen aber doch schnell einen Gast bedienen oder ein Telefonat annehmen? Dann ist das keine Pause, sondern zählt als normale Arbeitszeit. D.h. der Arbeitgeber oder die Arbeitgeber:in muss diese Zeit bezahlen und darf sie nicht als Pause abziehen.
Dasselbe gilt natürlich, wenn Sie wegen des betrieblichen Ablaufes gar keine Möglichkeit haben, eine echte Pause zu machen – zum Beispiel, weil Sie alleine in einem Geschäft arbeiten und dort ständig Kundenverkehr herrscht.
In diesem Fall muss der Arbeitgeber Vorsorge treffen, damit die Pause möglich ist, also zum Beispiel eine Vertretung organisieren oder das Geschäft für eine halbe Stunde schließen.
Sie können Ihre Pausen knicken, „weil es nicht anders geht“, also zum Beispiel eine Kollegin ausgefallen oder unerwartet viel los ist? Durcharbeiten passiert leider viel zu oft. Sie tun Ihrer Gesundheit aber nichts Gutes damit. Und: Ihr Arbeitgeber oder Ihre Arbeitgeberin verstößt damit gegen ein Gesetz, das Sie vor Überlastung schützen soll. Arbeitgeber:innen müssen dafür sorgen, dass Sie Ihre Pause auch nehmen können.
Achten Sie darauf, dass Ihnen die Arbeitszeit wenigstens korrekt vergütet wird – Ihnen also keine Pausenzeit abgezogen wird, obwohl Sie die ganze Zeit gearbeitet haben. Dokumentieren Sie daher Ihre Arbeitszeiten und Pausen auf die Minute genau – so haben Sie eine Kontrollmöglichkeit und im Ernstfall Beweise in der Hand. Nutzen Sie dafür zum Beispiel den AK Zeitspeicher am Handy
Wieder so wenig Personal eingeteilt, dass keine Zeit bleibt, um auf die Toilette zu gehen – von einem entspannten Imbiss zu Mittag gar nicht erst zu sprechen? Und das so gut wie immer? Dokumentieren Sie auch in diesem Fall Arbeitszeiten und Pausen ganz genau, wie beim vorigen Punkt beschrieben. Und: Melden Sie sich bei uns und schildern Sie uns Ihre Lage. Wir beraten Sie, was die nächsten Schritte sein könnten, um gegen diesen Missstand vorzugehen. Wir unternehmen aber nichts ohne Ihre Zustimmung.
Selbstverständlich! Der Zweck der Pause ist schließlich die Erholung von der Arbeit. Sie können diese Zeit frei gestalten. Ob Sie Ihre Pause im Pausenraum verbringen möchten, falls vorhanden, oder lieber spazieren gehen und im Schanigarten nebenan vorbeischauen, ist ganz Ihre Sache – solange es sich zeitlich ausgeht.
Das hängt von der Zahl der Beschäftigten ab. Ein Aufenthaltsraum ist dann Pflicht, wenn in Ihrer Arbeitsstätte regelmäßig mehr als 12 Arbeitnehmer:innen gleichzeitig anwesend sind und diese nicht die meiste Zeit unterwegs sind, zum Beispiel auf Baustellen, auswärtigen Kundenterminen etc.
Außerdem muss es einen Aufenthaltsraum geben:
Ein glutheißer Sommer und eine längere Mittagspause… Kann ich mir da vielleicht einen Sommerspritzer zum Essen genehmigen?
Bei Alkohol am Arbeitsplatz ist generell Vorsicht geboten! Gilt im Betrieb ein Alkoholverbot, dann halten Sie sich bitte auch in der Pause daran. Falls es kein Alkoholverbot gibt, ist jedenfalls wichtig, dass Ihre Arbeitsleistung nicht durch den Alkoholkonsum beeinträchtigt wird. Sie dürfen weder sich oder andere gefährden – zum Beispiel beim Bedienen von Maschinen.
Pausenlos arbeiten ist gefährlich. Denn nach 90 bis 120 Minuten Arbeit brauchen Körper und Geist eine Gelegenheit, um sich zu regenerieren. Wer keine Pausen macht, wird unkonzentriert und ermüdet. Das birgt etwa ein erhöhtes Risiko für Unfälle, während oder nach der Arbeit. Und schlechte Laune sowieso. Nonstop arbeiten erhöht den Stresspegel. Probleme wie Schlafstörungen, Herz-Kreislauf-Probleme, Depressionen oder Burnout können die Folge davon sein.
Studien (Blasche 2020) zeigen, dass bereits eine fünfminütige Pause Müdigkeit um 9 % reduziert, eine Pause mit Bewegung sogar um 13%.
Arbeitswissenschaftlich betrachtet sollten etwa 10% der Arbeitszeit für Pausen reserviert sein. Das klingt vielleicht viel, rechnet sich aber gesundheitlich und bringt mehr Produktivität. Doch in Österreich sind wir davon weit entfernt! Leider!
Eine Befragung von Stepstone aus 2019 zeigt:
Der Grund: Zu viel Arbeit! Arbeitgeber:innen müssen hier Maßnahmen setzen, um dem Ausfall von Pausen vorzubeugen. Klar ist: Die Gewerkschaften haben das Recht auf Pausen nicht zum Spaß erkämpft – sondern weil Menschen krank werden, wenn sie im Dauerstress sind.
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