Miete, Geld
Miete, Geld © K.-U. Häßler, Adobe Stock
21.7.2025

Achtung: Wertsicherungsklauseln sind nicht automatisch ungültig

In verschiedenen Medien wurde in den vergangenen Tagen im Zusammenhang mit einer Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes darüber berichtet, dass hunderttausende Wertsicherungsvereinbarungen (das bedeutet, dass die Miete an die Inflation angepasst werden darf) in Mietverträgen rechtswidrig seien. Alle Mietanhebungen aus der Vergangenheit könnten zurückgefordert werden. Als Grund würde dafür schon ausreichen: wenn im Mietvertrag nicht extra darauf hingewiesen wird, dass "die Miete innerhalb der ersten beiden Monate nach Vertragsabschluss nicht erhöht wird.“ Das ist irreführend.

Bestimmungen Konsumentenschutzgesetz

Tatsächlich gibt es im Konsumentenschutzgesetz seit 1979 eine Bestimmung (§ 6 Absatz 2 Ziffer 4), wonach Vereinbarungen rechtswidrig sind, wenn sie den Unternehmerinnen und Unternehmern erlauben, innerhalb von zwei Monaten nach Vertragsabschluss den Preis für ihre Leistung anzuheben.

Das gilt unter der Voraussetzung, dass eine solche Anhebung nicht ausdrücklich mit den betroffenen Verbraucher:innen ausgehandelt wurde.

Diese Bestimmung dient dem Schutz von Verbraucher:innen, die ein berechtigtes Interesse daran haben, sich (zumindest!) zwei Monate darauf verlassen zu können, nicht plötzlich unerwartet mehr bezahlen zu müssen, als ursprünglich vereinbart. Gleichzeitig ist es Unternehmer:innen durchaus zuzumuten, den zugesagten Preis zumindest für zwei Monate zu garantieren. Das gilt auch für Mietverträge.

Dennoch sind Vermieter:innen nicht in jedem Fall gezwungen, den Satz „die Miete wird innerhalb der ersten beiden Monate nach Vertragsabschluss nicht erhöht“ ausdrücklich in den Vertrag hineinzuschreiben, damit eine Indexklausel wirksam bleibt.

Wertsicherungsvereinbarungen sind nicht automatisch rechtswidrig

Mietverträge sind in der Praxis sehr unterschiedlich gestaltet, das gilt auch für darin enthaltene Wertsicherungsvereinbarungen. Allen „Indexklauseln“ gemeinsam ist aber, dass sich der „Hauptmietzins“ (= die zu Beginn des Mietvertrages vereinbarte Miete ohne Betriebskosten) in einem konkret vertraglich festgelegten Ausmaß verändern kann. In der Regel wird die Höhe der zu bezahlenden Miete an die Inflation (= Verbraucherpreisindex; VPI) angepasst.

Beispiel 1

"Der monatliche Hauptmietzins von € 780 wird bezogen auf den von der Statistik Austria verlautbarten Verbraucherpreisindex 2020 wertgesichert vereinbart. Ausgangsbasis für diese Wertsicherung ist die für Juli 2021 (Mietvertragsabschlussmonat) errechnete Indexzahl."

Bei einer solchen Gestaltung der Wertsicherungsvereinbarung könnte man – mangels anderer ausdrücklicher Regelung - die Miete tatsächlich Monat für Monat neu berechnen (in der Regel erhöhen), weil der Verbraucherpreisindex ja jeden Monat neu bekanntgegeben wird. Mit einer solchen Vereinbarung könnte es also auch zu einer Erhöhung innerhalb der ersten zwei Monate kommen. Will der Vermieter nicht gegen das KSchG verstoßen, müsste er hier zusätzlich ausdrücklich vereinbaren, dass eine Anhebung innerhalb der ersten zwei Monate nicht stattfindet.

Beispiel 2

"Es wird die Wertsicherung des Mietzinses vereinbart. Die Wertsicherung erfolgt nach dem von der Bundesanstalt Statistik Österreich monatlich verlautbarten Verbraucherpreisindex 2015 (VPI 2015) oder einem an seine Stelle tretenden Index. Ausgangsbasis für diese Wertsicherung ist die für den Monat des Mietvertragsabschlusses (Februar 2024) verlautbarte Indexzahl. Eine Anpassung findet jährlich zum 1.1., erstmalig zum 1.1.2025, statt. Die durch die Wertsicherung eingetretene Veränderung wird den Mietern von dem Vermieter schriftlich bekannt gegeben."

In diesem Beispiel ist völlig klar, dass der Vertrag eine Erhöhung innerhalb von zwei Monaten nach Vertragsabschluss nicht möglich macht. Vertragsabschluss Februar 2024, Anpassung frühestens am 1. Jänner 2025. Wenn bei dieser Indexklausel im Vertrag nicht zusätzlich noch der Satz „Die Miete wird innerhalb der ersten beiden Monate nach Vertragsabschluss nicht erhöht“ steht, verstößt sie dennoch nicht gegen die genannte Regelung im KSchG.

 

Mieten im Altbau

Auch bei vielen Mietverträgen im Altbau ist vorgesehen, dass sich die konkret vereinbarte Miete immer mit den sogenannten Richtwertsprüngen ändern. Diese Richtwertsprünge erlauben frühestens im Mai eines Jahres die Anhebung des Mietzinses. Solche Vereinbarungen sind daher im Hinblick auf einen Verstoß gegen die 2-Monats-Regel für jene Vertragsverhältnisse unproblematisch, die zwischen Mai und Februar abgeschlossen wurden.

Verboten sind ja Vereinbarungen, die den Vermieter:innen die Möglichkeit geben, die Miete tatsächlich bereits in den ersten beiden Monaten nach Vertragsabschluss anzuheben.  

Bei Genossenschaftswohnungen spielen Wertsicherungsvereinbarungen praktisch keine Rolle

Für Genossenschaftswohnungen (= Mietwohnungen gemeinnütziger Bauvereinigungen) gilt ein Spezialmietrecht, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG). Dieses Gesetz hat auch ein spezielles Mietzinsrecht. Zulässig ist dort in den meisten Fällen nur der kostendeckende Mietzins; auch der kann sich ändern. Wenn sich die Kosten der Bauvereinigung (zB. die Kredit-Rückzahlungen für die Herstellung der Wohnungen) verändern, ändert sich automatisch auch der Mietzins.

Die Kostenänderungen dürfen/müssen 1:1 weitergegeben werden. Mieterhöhungen resultieren bei Genossenschaftswohnungen also in der Regel nicht aus Wertsicherungsvereinbarungen, sondern aus steigenden Kosten. Beim kostendeckenden Mietzins nach WGG gibt es also auch keine rechtswidrigen Indexklauseln. Die aktuelle Rechtsprechung ist dort NICHT anwendbar.

Erfolge der AK

Die Arbeiterkammer hat mehrere Verfahren gegen gewerbliche Vermieter:innen geführt, deren Mietverträge eine Erhöhung tatsächlich bereits in den ersten beiden Monate zuließen. Der Oberste Gerichtshof ist in diesen Verfahren der rechtlichen Argumentation der Arbeiterkammer gefolgt und hat erstmals 2023 ausgesprochen, dass Vereinbarungen, die eine Anhebung des Mietzinses tatsächlich bereits in den ersten beiden Monaten ermöglichen, gegen das Konsumentenschutzgesetz verstoßen.

Aktuelles Urteil des Verfassungsgerichtshofs

Das aktuelle Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs trifft keine Aussage darüber, ob Wertsicherungsvereinbarungen in Mietverträgen rechtswidrig sind!

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat nicht über die generelle Zulässigkeit oder Unzulässigkeit solcher Klauseln entschieden, sondern lediglich bestätigt, dass zwei Paragrafen im Konsumentenschutzgesetz (KSchG) bzw. Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) verfassungskonform sind. Diese Bestimmungen können daher Konsument:innen – auch Mieter:innen – weiterhin vor unzulässigen Vertragsbestimmungen und Preiserhöhungen schützen. Ob eine konkrete Wertsicherungsklausel gültig ist oder nicht, wird aber im jeweiligen Einzelfall wohl ein Gericht klären müssen.

Inhalt des Verfahrens war die Frage, ob zwei konkrete gesetzliche Bestimmungen gegen das Verfassungsrecht verstoßen. Konkret ging es um folgende gesetzliche Bestimmungen:

  • Die oben schon genannte Bestimmung des Konsumentenschutzgesetzes, nach der Wertsicherungsvereinbarungen eine Anhebung innerhalb der ersten beiden Monate nicht zulassen dürfen, sofern das nicht individuell vereinbart wurde

und

  • eine Bestimmung des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches, nach der Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Vertragsformblättern rechtswidrig sind, wenn sie gröblich benachteiligend sind.

Der Verfassungsgerichtshof wies die Anträge der Vermieter:innen ab, weil die beanstandeten Bestimmungen nicht gegen das Verfassungsrecht verstoßen. 

Das VfGH-Erkenntnis im Ergebnis lautet also: Die „Konsumentenschutzbestimmungen“ § 6 Abs 2 Z 4 KSchG und§ 879 Abs 3 ABGB sind NICHT verfassungswidrig.

Das hat unmittelbar nur folgende Konsequenzen:

Wie schon bisher, dürfen die Zivilgerichte bei der Beurteilung von Verträgen,

  • ob Wertsicherungsvereinbarungen (oder auch andere Vereinbarungen) unwirksam sind oder nicht,
  • die gesetzlichen Bestimmungen § 6 Abs 2 Z 4 KSchG und § 879 Abs 3 ABGB weiterhin anwenden.

Für die Beurteilung von Verträgen und für bereits anhängige Gerichtsverfahren hat sich also nichts geändert.

  • Ob Wertsicherungsklauseln im Mietvertrag ungültig sind oder nicht,
  • ob man Teile der Miete zurückfordern kann oder nicht, 

hängt NICHT von dieser Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes ab, sondern von den individuellen Entscheidungen der jeweiligen Gerichte, die die verschiedenen Einzelfälle beurteilen.

Welche Vereinbarungen sind rechtswidrig?

Die AK hat in den vergangenen Jahren sogenannte Verbandsverfahren geführt, die nahelegen, dass eine Rechtswidrigkeit vorliegen kann, wenn

  • eine Wertsicherungsvereinbarung eine Erhöhung des Entgeltes bereits in den ersten beiden Monaten nach Vertragsabschluss zulässt
  • eine Wertsicherungsvereinbarung Erhöhungen des Entgeltes vorsieht, Senkungen aber ausschließt
  • eine Wertsicherungsvereinbarung vordatiert ist, wodurch die erste Anhebung der Miete die Inflation aus der Zeit vor dem Mietvertragsabschluss miteinschließt
  • eine Wertsicherungsvereinbarung intransparent formuliert wurde
  • eine Wertsicherungsvereinbarung auf einen sachlich nicht gerechtfertigten Index abstellt

Musterverfahren der AK

Die bisher ergangenen Entscheidungen betreffen Verfahren, in denen die AK als Klägerin aufgetreten ist und in denen die Gerichte einen besonders strengen Prüfmaßstab anwenden. Um zu klären, aufgrund welcher Vereinbarungen auch Privatpersonen bisher geleistete Mietzinsanhebungen zurückfordern können, führt die Arbeiterkammer bereits mehrere Musterverfahren. Eine abschließende Auskunft darüber, welche Vereinbarungen rechtswidrig sind, ist erst nach Abschluss dieser Verfahren möglich. Für dieses Jahr ist leider nicht mit einer abschließenden Klärung zu rechnen.

Wir bitten um Verständnis dafür, dass wir aufgrund der bereits laufenden Verfahren keine weiteren Musterverfahren übernehmen können.

Sanktionen bei Verstößen

In den vergangenen Tagen wurde von Seiten der Vermieter:innen behauptet, dass es nicht angemessen wäre, wenn Mietzins-Anhebungen aus der Vergangenheit zurückbezahlt werden müssen und zukünftig auch keine Anhebungen mehr vorgenommen werden dürfen. Es rechne niemand damit, dass der Mietzins bei Mietverhältnissen über viele Jahre gleichbleibe. Das ist aus juristischer Sicht eine Themenverfehlung!

Die aktuelle Diskussion über Wertsicherungsvereinbarungen betrifft nicht die Frage, ob das Gesetz Vermieter:innen erlaubt, den vereinbarten Mietzins wertzusichern. Es besteht kein Zweifel daran, dass Vermieter:innen, die sich rechtskonform verhalten, eine vereinbarte Wertsicherung auch vornehmen dürfen. Vielmehr geht es um die Frage, ob es Sanktionen für Unternehmer:innen geben soll, die gegen das Gesetz verstoßen, indem sie rechtswidrige Vertragsformulare verwenden. Darauf gibt es nur eine Antwort: JA! Wer sich nicht an das Gesetz hält, der muss auch mit Sanktionen leben. Das gilt für Mieter:innen wie für Vermieter:innen.

Forderungen an die Regierung

Vermieter:innen haben in den letzten Jahren deutliche Übergewinne gemacht. Die Bundesregierung ist nun am Zug, zukünftige Mietzinsanhebungen zu begrenzen!

Allein zwischen Anfang 2022 und Mitte 2023 sind die Kategoriemieten um satte 24% gestiegen. Kategoriemieten werden in Österreich für Mietverträge eingehoben, die zwischen 1982 und März 1994 abgeschlossen wurden, sie richten sich nach vier Ausstattungskategorien A bis D, wobei A die beste Kategorie mit dem höchsten Mietzins ist und D die schlechteste.

Die Richtwertmieten für Altbauwohnungen in Gebäuden, die vor dem 01.07.1953 errichtet wurden und mehr als 2 Mietgegenstände haben, stiegen im gleichen Zeitraum um knapp 15%.

Über alle Mietbereiche hinweg konnten in den vergangenen Jahren massive Preisanstiege beobachtet werden. Die außer Kontrolle geratene Inflation der letzten Jahre hat Vermieter:innen satte Gewinne beschert. Oft werden die Mietanhebungen der letzten Jahre damit begründet, dass sich auch die Erhaltungskosten entsprechend erhöht hätten. Eine solche Argumentation ist unseriös. Schließlich fließt nur ein kleiner Teil der Mietzinseinnahmen in die Erhaltung. So kommen gemeinnützige Bauträger:innen, die viel umfangreichere Erhaltungspflichten treffen, als das bei privaten Vermieter:innen der Fall ist, mit höchstens 2,33 Euro pro m² und Monat an Erhaltungs- und Verbesserungskosten aus.

Vermietung ist keine Form des Arbeitseinkommens. Ein gleichsam „natürlicher“ Anspruch darauf, die Mieten im Ausmaß der vollen Inflation anzuheben, ist nicht sachgerecht. Es wäre auch nicht zu rechtfertigen, wenn Vermieter:innen von einer durch das Marktversagen auf den Energiemärkten getriebenen Inflation profitieren. Die Bundesregierung ist daher dringend angehalten, die im Regierungsprogramm vorgesehene Mietpreisbremse umzusetzen und zukünftig dafür zu sorgen, dass Vermieter:innen nur noch angemessene Preisanpassungen vornehmen können.

AK hilft bei Klärung

Wenn Sie Fragen zu Ihrer Wertsicherungsvereinbarung haben, schicken Sie uns am besten Ihren Mietvertrag an folgende Mail-Adresse: wohnrecht@akstmk.at. Natürlich können Sie auch per Post eine Kopie Ihres Mietvertrages an die AK Steiermark schicken oder per Fax an 05 7799-2521. Telefonisch ist dann eine Klärung möglich, wenn Sie Ihren Mietvertrag bereithalten, die Wertsicherungsklausel heraussuchen und sie uns vorlesen: Montag bis Freitag von 8 bis 16 Uhr unter 05 7799–0.



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