Troubles in der Lehre?
Bevor dich die Lehre krank macht oder du sie abbrichst, musst du handeln.
Nach einem Arbeitsunfall ist der 16-jährige Lehrling Roman auf einem Auge praktisch blind. Im Rahmen eines Strafverfahrens stellte sich heraus, dass der Lehrbetrieb mehrere Schutzbestimmungen missachtet hatte. Romans Mutter, die teure Therapien für ihren Sohn finanzieren muss, kämpft nun gemeinsam mit der AK um eine Versehrtenrente für ihren Sohn – doch die zuständige Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) legt sich quer.
Seit dem 18. Dezember 2019 ist im Leben von Roman Günther und seiner Mutter Simone nichts mehr so, wie es einmal war. An diesem Tag kam es in jenem Betrieb in Gröbming, in dem der damals 15-jährige Roman gerade eine Tischlerlehre absolvierte, zu einem folgenschweren Unfall. Der Lehrling hatte mit einer Flex gearbeitet und diese anschließend auf einen Gabelstapler gelegt – dessen Batterie wurde jedoch gerade aufgeladen, das dabei austretende Knallgas entzündete sich und es kam zur Explosion. Roman wurde so schwer verletzt, dass er seitdem auf dem rechten Auge praktisch blind ist. "Die Druckwelle hat ein Loch ins Auge gerissen und massive Blutungen verursacht. Er hat nur noch zehn Prozent Sehkraft auf dem Auge, und das nur im Außenbereich", erzählt Simone Günther.
Gegen den Lehrbetrieb wurde ein Strafverfahren eingeleitet – dabei wurde bald klar, dass das Unternehmen grob fahrlässig gehandelt hatte: Weder wurde Roman vorschriftsgemäß auf alle potenziellen Gefahren seiner Tätigkeit hingewiesen und mit einer Schutzbrille ausgestattet, noch hätte er überhaupt mit der Flex arbeiten dürfen. Das Verfahren endete mit einer Diversion, Romans Lehrherr musste letztlich ein paar hundert Euro Bußgeld zahlen. Eine Entschädigung für Roman gab es nicht. Doch für Simone Günther und ihren Sohn war der Albtraum noch nicht zu Ende. Roman muss sich bis heute unzähligen Behandlungen und Untersuchungen unterziehen. Regelmäßig pendeln Mutter und Sohn dafür von Gröbming nach Graz. "Die Firma kriegt eine minimale Strafe, der Lehrling kriegt nix. Und die Therapien und Gutachten muss man alle selber zahlen. Es geht um Gerechtigkeit", so Simone Günther.
Dazu kamen immer neue psychische Belastungen. So stellten die Ärzte bei den Untersuchungen fest, dass Roman durch eine Hornhauterkrankung auch auf dem unverletzten linken Auge langsam seine Sehkraft einbüßt. "Es ist eine Keratokonus-Erkrankung. Das Sehvermögen wird immer schlechter, das schreitet ziemlich rasch voran. Auf dem bleibenden Auge, das jetzt zusätzlich überbelastet ist, sieht er nur 60 Prozent – mit Brille, die er erst seit dem Unfall trägt. Roman hat große Angst, dass er irgendwann gar nix mehr sehen wird."
Als wären die gesundheitlichen Probleme nicht schon genug, hat die Familie Günther auch noch an anderer Front zu kämpfen. Die AUVA lehnte einen Antrag auf eine Versehrtenrente für Roman ab. Der Gutachter der AUVA habe gemeint, Romans Augenverletzung sei für eine Versehrtenrente nicht ausreichend, ist Simone Günther fassungslos. "Im AUVA-Bescheid steht nicht einmal eine Diagnose über den bleibenden Schaden drin." Dabei sei Roman sogar beim L17-Führerschein, den er inzwischen gemacht habe, "als einäugig abgestempelt" worden. Weil sich Romans Sehkraft weiter verschlechtern dürfte, wurde sein Führerschein auf fünf Jahre befristet.
Die Arbeiterkammer, von der die Familie Günther schon länger unterstützt und beraten wurde, brachte in der Zwischenzeit Klage gegen die AUVA ein. Der Ausgang des Verfahrens ist noch offen. Simone Günther ist verzweifelt: "Wir gehen durch die Hölle. Jeder putzt sich ab, niemand ist verantwortlich." Eine positive Nachricht gibt es indes: Roman hat mittlerweile wieder eine Lehrstelle gefunden – in einem anderen Betrieb. "Mein Sohn wollte wieder was Handwerkliches machen. Und die Ärzte haben nach der Operation im Sommer grünes Licht gegeben", sagt Simone Günther. Der neue Lehrbetrieb sei "sehr kulant“ und nehme Rücksicht auf Romans zahlreiche Arzt- und Therapietermine.
AK-Experte Alexander Perissutti hofft darauf, dass sich für die Günthers noch alles zum Guten wendet. Ihm ist es ein Anliegen, dass solch schlimme Fälle wie jener von Roman künftig gar nicht erst passieren: "Eltern von Lehrlingen können sich jederzeit bei der Arbeiterkammer melden, wenn sie glauben, ihre Kinder werden in den Betrieben nicht richtig geschützt."
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