"Flexibilität bis zur Selbstaufgabe"
Die Pandemie hat der Gleichstellung der Frauen einen gewaltigen Dämpfer versetzt, zeigt eine aktuelle Studie. Die AK fordert konkrete Gegenmaßnahmen.
Finanzielle Engpässe und zu wenig Auszeiten stressen berufstätige Mütter – aber nicht das Ausmaß der Stunden, in denen sie erwerbstätig sind. Wer Entlastung sucht, sollte daher nicht seine Berufstätigkeit aufs Spiel setzen.
"Mütter im Spagat" heißt das Buch der Grazer Psychologin Petra Ruprechter-Grofe, die Tipps zur Stressreduktion im mütterlichen Alltag gibt. Dass sich viele berufstätige Mütter nahezu zerrissen fühlen, mit ungedehnten Muskeln im Spagat sozusagen, bestätigt auch eine Studie des Deutschen Jugendinstituts DJI mit Sitz in München: Weniger als zehn Prozent der knapp 7.600 befragten Mütter gab an, nur eine sehr geringe Stressbelastung zu empfinden. Bei gut 50 Prozent war sie mittel, bei 23,4 Prozent eher hoch und bei 2,9 Prozent sogar sehr hoch.
Bei näherer Analyse zeigte sich, dass es nicht unbedingt das Ausmaß der Erwerbsarbeit ist, das den Stresslevel bestimmt. Besonders unter Druck fühlen sich nämlich jene Mütter, in deren Haushalt das monatliche Nettoeinkommen unter 3.000 Euro liegt – und entsprechend entspannt sehen Mütter aus Haushalten mit hohem Einkommen ihr Leben.
Keine Auswirkung auf das Stressempfinden, so das Studienergebnis, hat hingegen das Stundenausmaß der mütterlichen Erwerbstätigkeit. Vielleicht, weil das höhere Haushaltseinkommen durch ausgedehnte mütterliche Berufstätigkeit der Familie mehr finanziellen Spielraum lässt? Um die Wohnung auch einmal putzen zu lassen oder dem Kind bei Bedarf Nachhilfestunden zu finanzieren, anstatt selbst am Abend noch Matheaufgaben durchackern zu müssen.
"Die Stellschrauben, an denen gedreht werden muss, um Mütter zu entlasten, liegen daher in anderen Bereichen, aber nicht in der Reduktion ihrer Berufstätigkeit", fasst AK-Frauenreferentin Bernadette Pöcheim zusammen. "Bedarfsgerechte finanzielle Unterstützung für Familien, qualitativ hochwertige Kinderbetreuung zu den benötigten Zeiten und mehr gesellschaftliche Akzeptanz für die berufstätigen Mütter wären dringend angesagt."
Und wenn frau sich doch wieder einmal zerrissen fühlt – im Spagat –, hilft ihr vielleicht der Gedanke, dass ihr der Job nicht nur Arbeit macht, sondern (hoffentlich) auch Anerkennung verschafft und ihre finanzielle Unabhängigkeit sichert.
© 2024 AK Steiermark | Hans-Resel-Gasse 6-14, 8020 Graz, +43 5-7799-0