Büroangestellte wird von Kollegen an der Schulter festgehalten
Jede dritte Frau ist in ihrem Berufsleben mindestens einmal mit sexueller Belästigung konfrontiert. © Photographee.eu, stock.adobe.com
8.4.2024

"Keine Frau muss schweigen!"

Noch immer sind es oft die Opfer sexueller Belästigung, die sich schämen. Mit professioneller Unterstützung lässt sich das Schweigen leichter brechen.

"Gegen das Schweigen" heißt jener Dokumentarfilm des Norddeutschen Rundfunks, der sexuelles Fehlverhalten am Arbeitsplatz Theater und Filmset beleuchtet. Grund genug für AK-Frauenreferentin Bernadette Pöcheim, wieder einmal über das Thema sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz zu sprechen. "Denn sie betrifft Arbeitnehmerinnen in allen Branchen – und niemand sollte sie schweigend hinnehmen!", betont die Expertin.

Was zählt zu sexueller Belästigung?

Das Gleichbehandlungsgesetz definiert sexuelle Belästigung als "... ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt und für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist". Hier geht es, wie das Gesetz deutlich macht, nicht um Zuneigung, sondern um einen Angriff auf die Intimsphäre einer Person. Klar ist auch, dass das Empfinden des Opfers an erster Stelle steht: Ist ein im Zusammenhang mit Sexualität stehendes Verhalten unerwünscht, fällt es unter Belästigung. Diese beginnt daher bei anstößigen Kommentaren und Witzen und geht über das Zurschaustellen pornografischer Darstellungen und Belästigung via Social Media bis hin zum körperlichen Übergriff.

Oft geschieht sexuelle Belästigung, um Machtverhältnisse zu demonstrieren, aber nicht immer ist der Chef der Täter. "Das Gesetz spricht von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz, egal ob der Übergriff von Vorgesetzten, Kollegen oder auch Kunden ausgeht", erklärt Pöcheim. "Und der Arbeitgeber muss seine Mitarbeiter:innen vor Übergriffen schützen."

Was tun?

Als erstes sollten Betroffene sofort klarstellen, dass das gezeigte Verhalten unerwünscht ist. Bei Konfrontationen mit Vorgesetzten oder in unsicheren Beschäftigungsverhältnissen fällt das naturgemäß besonders schwer. Daher besteht der nächste Schritt darin, Hilfe zu holen: eine vertraute Kollegin oder eine Betriebsrätin zu kontaktieren oder sich im Frauenreferat der AK beraten zu lassen. Es empfiehlt sich, die sexuelle Belästigung zu dokumentieren, also mitzuschreiben, wann was geschehen ist. Bei unerwünschten übergriffigen Nachrichten in den Sozialen Medien ist ein Screenshot als Beweis zu machen – auch wenn man das Vorgefallene am liebsten gleich vergessen würde.

Wo finden Betroffene Hilfe?

Neben Vertrauten im Unternehmen, die bei Gesprächen mit Vorgesetzten unterstützen können, stehen die Expertinnen des AK-Frauenreferats zur Verfügung. Auch die Gleichbehandlungsanwaltschaft nimmt sich derartiger Fälle an.

Das vordringlichste Ziel ist, dass die Belästigung sofort aufhört, ohne dass die Betroffenen ihren Arbeitsplatz aufgeben müssen. Kommt der Vorfall aber letztlich vor das Arbeits- und Sozialgericht, kann dieses den Betroffenen bis zu tausend Euro Schadenersatz zusprechen. "Ganz wichtig ist es, dass keine Frau glaubt, sie sei die Einzige, die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erlebt", betont die AK-Frauenreferentin. "Jede dritte Frau ist in ihrem Berufsleben mindestens einmal damit konfrontiert."

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