Dramatische Folgen der "Corona-Schockwellen"
Die Corona-Krise trifft Wirtschaft und Beschäftigte mit voller Wucht. Die AK fordert, den dramatischen Folgen für die Arbeitswelt den Kampf anzusagen.
Auch wenn das Coronavirus noch so wütet, es gibt Menschen, auf deren Arbeit wir nicht verzichten können. Österreich hat knapp vier Millionen unselbstständig Beschäftigte. Eine Million davon arbeitet in den elf größten systemrelevanten Berufsfeldern.
"Die Frauen und Männer in diesen Berufen wurden anfänglich beklatscht und gelobt. Doch als es dann um mehr Bezahlung und um bessere Arbeitsbedingungen ging, hat sich nichts mehr getan", sagt AK-Expertin Bernadette Pöcheim. Die Arbeiterkammer hat eine Studie über "Arbeitsbedingungen und Berufsprestige von Beschäftigten in systemrelevanten Berufen in Österreich" herausgegeben.
Beispielhaft nimmt Pöcheim zwei Berufsgruppen heraus: den überwiegend weiblichen Handel und die überwiegend mit Männern besetzte Transport- und Zustellbranche. Allein in diesen zwei Branchen arbeiten in Österreich mehr als 300.000 Beschäftigte.
Rund um die beiden Lockdowns war im Lebensmittelhandel extrem viel los. Alle waren hochgradig nervös, Hamsterkäufe, leere Regale und ständig neue Hygieneregeln prägten und prägen die tägliche Arbeit. Eines eint diese Berufsgruppe mit den Beschäftigten im Transport- und Lieferdienst und den Menschen in anderen systemrelevanten Branchen: Die Coronaheldinnen und -helden verrichten ihre Tätigkeiten unter erhöhten Gesundheitsrisiken, sie arbeiten unter hohen körperlichen und psychischen Belastungen und oft zu untypischen und überlangen Arbeitszeiten.
An der Kassa oder bei der Regalbetreuung gibt es im Schnitt weniger als 1.300 Euro netto pro Monat. Der Einzelhandel ist geprägt durch extrem viel Teilzeitarbeit, durch Samstagsarbeit und über den Tag geteilte Dienste. Im Transport und der Paketzustellung ist zwar das Einkommen etwas besser – im Schnitt sind es rund 1.800 Euro netto im Monat –, aber die Arbeitszeiten sind oft sehr lang und vielfach sind sie auch über das Wochenende und in der Nacht.
Beide Berufsgruppen sind mit den Arbeitszeiten unzufrieden. In der Transportbranche leiden 36 Prozent der Beschäftigten unter den Arbeitszeiten, im Handel sind es 32 Prozent. Die Zufriedenheit mit der sozialen Position in der Gesellschaft ist niedrig, weil man selbst und seine Arbeit nicht wertgeschätzt wird. Das nagt am Selbstvertrauen. Die Hälfte hat den Eindruck, Besitz und Einkommen in Österreich sind ungerecht verteilt. Der gerechte Anteil am allgemeinen Wohlstand der Gesellschaft wird verwehrt.
AK-Expertin Pöcheim bedauert, dass Arbeit mit und an Menschen wenig wert ist: "Wir müssen den Wert der Arbeit neu definieren. Es geht um eine existenzsichernde Bezahlung, aber auch um Arbeitszeiten und die täglichen Belastungen für Geist und Körper sowie um Aufstiegs- und Mitsprachemöglichkeiten."
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