TTIP, CETA, TiSA – Was steckt dahinter?
Was die Abkürzungen bedeuten, warum die neue Generation von Freihandelsabkommen so umstritten ist und wie Sie gegen TTIP aktiv werden können.
JEFTA ist ein umfassendes Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (Economic Partnership Agreement, EPA) zwischen der EU und Japan. Die Verhandlungen darüber wurden Ende 2017 abgeschlossen, zwischen 11. und 13. Dezember 2018 soll JEFTA vom Europäischen Parlament verabschiedet werden und bereits 2019 in Kraft treten.
Die EU-Kommission rühmt das Abkommen als das wichtigste und umfassendste bilaterale Handelsabkommen, das sie bisher abgeschlossen hat. Mit einem Wirtschaftsraum von mehr als einem Drittel des weltweiten BIP (Bruttoinlandsprodukt) würde die größte gemeinsame Wirtschaftszone der Welt entstehen.
Die EU erhofft sich von JEFTA vor allem Wirtschaftswachstum. Durch Senkung der Zölle soll es billiger werden, landwirtschaftliche Produkte und Lebensmittel nach Japan zu exportieren. Umgekehrt wird Japan mehr Autos und Elektronik in die EU exportieren.
Selbst kommissionseigene Analysen der JEFTA-Verhandlungsergebnisse zeigen bloß minimale Wachstumseffekte. Der gesamte Wachstumseffekt für alle EU-Mitgliedstaaten zusammen wird lediglich 0,14 % bis 2035 (nach 17 Jahren) ergeben. Das ist eine kaum nachweisbare Veränderung. Die Gesamtbewertung enthält keine Ergebnisse für eine Beschäftigungszunahme.
Diese Untersuchungen berücksichtigen außerdem wichtige Faktoren nicht: Was wären z.B. die sozialen Kosten von JEFTA? Könnte längerfristig sogar die Arbeitslosigkeit steigen?
Mit JEFTA vereinbaren die EU und Japan, dass sie bei jeder Art von Regulierungen, die den Handel betreffen könnten, zusammenarbeiten („Regulierungszusammenarbeit“). Im Klartext heißt das: Die Verhandlungspartner sollen jegliche Regelungen in Gesetzen, Verordnungen oder Richtlinien des anderen anerkennen oder sich auf neue, gemeinsame Regeln verständigen. Das kann z.B. Mindeststandards beim Umweltschutz oder in der Lebensmittelproduktion betreffen. In Wahrheit kann darunter aber jede Art der Regulierung fallen, denn Ausnahmen sind nicht vorgesehen.
Das Problem daran: Die hohen Schutzniveaus in der EU kommen dadurch unter Druck, denn leichter einigt man sich immer auf das jeweils niedrigere Niveau. Außerdem wird es durch die Regulierungskooperation viel schwerer, neue Schutzbestimmungen einzuführen oder bestehende zu verbessern.
In der EU gilt: Wenn es auch nur den Verdacht gibt, dass ein Stoff, ein Produkt oder eine Herstellungsweise schädlich ist, wird es vorsorglich verboten („Vorsorgeprinzip“) – und nicht erst dann, wenn man die Schädlichkeit wissenschaftlich beweisen kann. Trotzdem ist dieses Vorsorgeprinzip nach EU-Recht in JEFTA nicht verankert. Die EU kann also unter JEFTA nur mehr dann effektiv Stoffe verbieten, wenn damit verbundene Gefahren klar erwiesen sind. Problematisch ist das vor allem im Bereich Lebensmittelqualität und –sicherheit, aber etwa auch bei Chemikalien, Schädlingsbekämpfungsmitteln usw.
Die Regulierungsunterschiede zwischen der EU und Japan sollen nicht durch demokratische Prozesse abgebaut werden, sondern durch eigens eingerichtete transnationale Gremien. Immer, wenn die EU-Kommission ein neues Gesetz vorschlagen will, muss sie die japanische Regierung vorher konsultieren – und das, noch bevor unsere gewählten Parlamentarier den Vorschlag überhaupt zu Gesicht bekommen!
Wenn JEFTA Realität wird, können Großkonzerne künftig noch mehr Einfluss auf die Gesetzgebung bekommen als bisher. Denn nicht näher bestimmte „Stakeholder“ sollen in diesen Gremien mitbefasst werden. Welche das in der Regel sind, beobachten wir seit Jahren: Großkonzerne von Toyota über Sony bis Canon und deren Branchenverbände haben die finanziellen Mittel, um überall präsent zu sein und ihre Interessen durchzusetzen.
Die EU-Kommission hat aus dem Protest gegen TTIP und CETA gelernt: JEFTA beinhaltet nun doch keine Sondergerichte für Konzerne. Die Verhandler hoffen, dass sie den KritikerInnen damit Wind aus den Segeln nehmen und JEFTA schneller beschließen und umsetzen können.
Doch auch wenn das Kapitel über den Investitionsschutz mit dem Investor-Staat-Streitbeilegungsverfahren (ISDS/ICS) nicht mehr in JEFTA enthalten ist, so ist es doch nicht vom Tisch. Die Verhandlungen über den Investitionsschutz werden fortgesetzt und sollen in einem gesonderten, bilateralen Investitionsschutzabkommen zwischen der EU und Japan (BIT) so bald wie möglich abgeschlossen werden.
Bedrohlich daran: Japan will den etwas entschärften, sogenannten "Reformansatz" der Kommission, ein InvestorInnengericht mit Berufungsinstanz einzurichten (ICS) nicht akzeptieren. Es tritt vehement für das noch problematischere ad hoc Schiedsverfahren bei Investor-Staat-Streitigkeiten (ISDS) ein.
JEFTA gefährdet ähnlich wie CETA und TTIP Arbeitsrechte, KonsumentInnen- und Umweltschutz. 563.000 Unterschriften beim Volksbegehren „Gemeinsam gegen TTIP, CETA und TiSA“ haben gezeigt, wie groß in Österreich die Ablehnung gegen diese Form von Handelsabkommen ist.
Solange diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, dürfen Abkommen wie JEFTA nicht in Kraft treten
Teilen Sie diesen Artikel und informieren Sie Ihr Umfeld. In Österreich hat sich mit "Anders Handeln" eine breite Plattform aus Gewerkschaften, NGOs und zivilgesellschaftlichen Initiativen gebildet und bereits im Widerstand gegen TTIP und CETA viel erreicht.
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