"Ein gutes Leben für alle"
Mit der extremen Teuerung beschäftigten sich AK-Präsident Josef Pesserl und viele Anträge bei der 7. Vollversammlung der steirischen AK.
Die Krise des Pflegesystems, der Ausbau der steirischen Verkehrsinfrastruktur, die rückläufige Zahl der Schulskikurse, die Ausweitung psychosozialer Unterstützungsangebote an den Schulen – dies ist nur ein Teil der insgesamt 50 Anträge und Resolutionen, die auf der 8. Vollversammlung der AK Steiermark am 4. Mai 2023 von den Fraktionen behandelt wurden. Prägendes Thema war jedoch einmal mehr die anhaltende Teuerung und deren weitreichende Folgen für Beschäftigte und Betriebe. Mehrere Anträge drehten sich um die Bekämpfung der Inflation.
AK-Präsident Josef Pesserl berichtete in seiner Rede von zahlreichen Besuchen in steirischen Betrieben, die vielfach von der Teuerung betroffen sind: "Es leiden ja nicht nur die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sondern auch die Betriebe, weil das Geld immer weniger wert wird. Seit einem Jahr gibt es eine unglaubliche Vernichtung von Massenkaufkraft." Pesserl richtete einen "dringenden Appell an die Politik", Maßnahmen gegen die grassierende Inflation zu setzen. "Es hätte die Möglichkeit gegeben, rechtzeitig dafür zu sorgen, dass diese unglaubliche Explosion der Preise nicht erfolgt", betonte Pesserl und nannte als Beispiel die viel diskutierte, aber letztlich nicht umgesetzte Mietpreisbremse. Stattdessen sei von den Verantwortlichen in der Politik "wahnsinnig viel Geld in die Hand genommen" worden, was zwar kurzfristig eine Erleichterung für Betroffene gebracht habe – "aber am nächsten Tag war die Belastung wieder da, weil Preise nicht gesunken, sondern hoch geblieben oder weiter gestiegen sind".
Der AK-Präsident nannte zwei Auslöser für die "exorbitante Preissteigerung": die Energie- und die Mineralölpreise. "Hier hätte die Politik eingreifen müssen. Einige wenige Konzerne haben bekanntgegeben, dass sich ihre Gewinne verdoppelt haben. Einige wenige haben sich die Taschen vollgestopft auf Kosten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und vielen Betrieben." Dieser Umstand zeige eindrucksvoll, dass es die "Profitgier" gewesen sei, die "diese unglaubliche Explosion der Preise" mit verursacht habe. Die AK sei "nicht gegen den Markt, aber der Markt funktioniert nicht in dieser Situation. Es ist Aufgabe der Politik, mit Regulierungen der Preise auf ein vernünftiges Niveau einzugreifen." Pesserl verwies in diesem Zusammenhang auch auf WIFO-Direktor Gabriel Felbermayr, der jüngst ebenfalls gefordert hat, man müsse über Eingriffe in den Markt "ergebnisoffen nachdenken". Die steigenden Löhne und Gehälter seien jedenfalls nicht verantwortlich für die Preisexplosion, unterstrich der AK-Präsident: "Wir haben schon vor einem Jahr gesagt: Wenn die Politik nicht die richtigen Maßnahmen setzt, bleibt den Gewerkschaften nichts übrig, als die Preissteigerungen bei den Kollektivvertragsverhandlungen einzupreisen. Nicht die Löhne heizen die Preise an, sondern die Preise zwingen die Gewerkschaften, entsprechende Löhne zu verlangen."
"Wir sind in einer unglaublichen Misere", warnte Pesserl eindringlich. Es leide nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe in Österreich, auch viele Menschen wüssten nicht mehr, "wie sie sich ihr Leben leisten sollen". Das zeige eine Vielzahl von Beratungen bei der Arbeiterkammer, die oftmals in "so etwas wie Therapiegespräche" mündeten. "Ich halte das für gefährlich für den gesellschaftlichen Zusammenhalt", sah Pesserl den "sozialen Frieden in Gefahr".
"Eine volle gesellschaftspolitische Katastrophe" ortete Pesserl beim aktuellen Zustand des Pflege- und Gesundheitswesens. "Die Beschäftigten sind verzweifelt, die Versorgung ist in Gefahr", so der AK-Präsident. Die AK weise seit zehn Jahren auf fehlendes und überlastetes Personal, zunehmend schwierigere Arbeitsbedingungen sowie drohende Probleme bei der Ausbildung neuer Pflegekräfte hin. Auch im elementarpädagogischen Bereich, wo ebenfalls Beschäftigte unter massiven Belastungen leiden und mittlerweile an allen Ecken und Enden Personal fehlt, sehe man jetzt "die Versäumnisse der Vergangenheit".
Im Rahmen der Vollversammlung zog der AK-Präsident nochmals Bilanz über die Leistungen, die die AK Steiermark im Jahr 2022 für ihre Mitglieder erbracht hat. So wurden knapp 260.000 Rechtsauskünfte erteilt, die für die AK-Mitglieder erwirkten Beträge summierten sich auf 66,7 Millionen Euro. Die Details zur AK-Leistungsbilanz sind hier nachzulesen.
Die Vollversammlung stand diesmal auch im Zeichen der Abschiede. Für AK-Direktor Wolfgang Bartosch war es nach 42 Jahren Kammerzugehörigkeit die letzte Vollversammlung. In einer emotionalen Rede bedankte sich Pesserl bei Bartosch, "der ein Kollege, der ein Freund ist, der unglaublich tolle Arbeit geleistet hat". Die Kammerrätinnen und Kammerräte aller Fraktionen des AK-Parlaments zollten dem scheidenden Direktor, der mit Juli in den Ruhestand geht, ebenfalls Respekt. Breite Anerkennung fand auch Kurt Luttenberger, der seit 2009 für die GLB-KPÖ-Fraktion als Kammerrat aktiv war und nun im Rahmen der Vollversammlung seinen Abschied bekanntgab.
Anträge und Resolutionen
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